Yogablog

Augenblicke

1 Dez 2017

Vor dir,
in Gerechtigkeit und Demut,
mit dir,
in Treue und Mut,
in dir,
in Stille.

Der Liebende will des Geliebten Vollendung – sie
verlangt Freigabe auch von dem Liebenden.

Der »Erfolg« gab dir etwas zu verlieren. Darum – wie in
einer plötzlichen Empfindung für Gefahr – diese Frage, ob es
dir (ob irgend jemandem) »glücken« kann. Beginnst du in
dieser Weise, dich unwillkürlich in deinem Nachruf zu
spiegeln, so schreibst du deine Grabschrift – in doppeltem Sinn.

Wenn Morgenfrische der Mittagsmüdigkeit weicht, wenn
die Beinmuskeln vor Anspannung beben, wenn der Weg
unendlich scheint und plötzlich nichts mehr gehen will, wie du
wünschest – gerade dann darfst du nicht zaudern.

Verstehen – durch Stille,
wirken – aus Stille,
gewinnen – in Stille.

Jenseits von des Gehorchens Sammlung unter dem Ziel:
Freiheit von Furcht. Jenseits der Furcht: Offenheit.
Und dahinter: Liebe.

Und danach? Warum fragen? Danach eine neue Forderung,
von der du weißt, was du brauchst: dass ihr einziges Maß
deine eigene Kraft ist.

Du sagtest dir selbst, dass du die Entscheidungen des
Schicksals gutheißen solltest. Aber du verlorst dein
Gleichgewicht, als du entdecktest, was dies von dir forderte:
da sahst du, wie fest du noch verbunden warst mit der Welt,
die dich formt, aber die dich verleugnet.

Bleibe im Zentrum, in deinem eigenen und dem der menschlichen
Reaktionen. Handle für das Ziel, dem dein Leben gilt, mit
aller Kraft, die dir in jedem Augenblick zu Gebote steht.
Handle ohne Gedanken an die Folgen und ohne in irgendeiner
Weise dich selbst zu suchen.

Suche nicht die Vernichtung. Die wird dich finden. Suche
den Weg, der zur Vollendung führt.

Glück oder Befriedigung?

1 Nov 2017

Wonach suchen die meisten von uns? Was ist es, was wir alle wollen? Besonders in dieser unruhigen Welt, in der jeder versucht, auf irgendeine Weise Frieden zu finden – irgendeine Art von Glück, eine Zuflucht –, ist es zweifellos wichtig herauszufinden, wonach wir eigentlich suchen, was wir herauszufinden versuchen. Wahrscheinlich sind die meisten von uns auf der Suche nach ein wenig Glück, ein wenig Frieden. In dieser chaotischen Welt, die von Aufruhr, Krieg, Zwietracht und Streit heimgesucht wird, wünschen wir uns eine Zuflucht, wo wir etwas Frieden finden können. Ich glaube, das ist es, was die meisten von uns wollen. Also machen wir uns auf den Weg, von einer Führerfigur zur nächsten, von einer religiösen Gemeinschaft zur nächsten, von einem Lehrer zum nächsten.

Aber suchen wir wirklich das Glück, oder streben wir nach irgendeiner Art von innerer Befriedigung, durch die wir unser Glück zu finden hoffen? Es gibt einen Unterschied zwischen Glück und Befriedigung. Kann man nach Glück streben, kann man es suchen? Vielleicht kann man Befriedigung finden, aber Glück mit Sicherheit nicht. Glück ist ein Nebenprodukt von etwas anderem. Bevor wir uns also mir Herz und Verstand einer Sache widmen, die große Ernsthaftigkeit, Aufmerksamkeit, Überlegung und Sorgfalt erfordert, müssen wir herausfinden, wonach wir wirklich suchen. Ist es Glück oder Befriedigung?

Was verlor das Leben an dem Glück, das ihm begegnet wäre, wenn es hätte gelebt werden dürfen? Was gewann es an den Schmerzen, denen es entging?
Wie töricht wir reden. Der Lebende ist des Lebens Maß, und seiner Tage Dauer wird nach anderen Begriffen gemessen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Wissen und Können allein die Menschen nicht zu einem würdigen und glücklichen Leben zu führen vermag. Die Menschheit hat allen Grund dazu, die Verkünder hoher moralischer Normen und Werte höher zu stellen als die Entdecker objektiver Wahrheit. Was die Menschheit Persönlichkeiten wie Buddha, Moses und Jesus verdankt, steht mir höher als alle Leistungen des forschenden und konstruktiven Geistes. Die Gaben dieser Begnadeten müssen wir hüten und mit all unseren Kräften lebendig zu erhalten suchen, wenn das Menschengeschlecht nicht seiner Würde, die Sicherheit seiner Existenz und die Freude am Dasein verlieren soll. Das Streben nach moralischem Handeln ist das wichtigste Streben des Menschen. Sein inneres Gleichgewicht, ja, seine Existenz hängen davon ab. Moralisches Handeln allein kann dem Leben Schönheit und Würde verleihen.

Augenblick

1 Okt 2017

Blicke dich nicht um.
Und träume nicht von der Zukunft:
Sie wird dir nicht die Vergangenheit
zurückgeben
noch andere Glücksträume erfüllen.
Deine Pflicht und deine Belohnung
– dein Schicksal – sind hier und jetzt.

Nicht als Brücke zur Zukunft,
durch seinen Inhalt ist das Jetzt bedeutungsvoll.
Sein Inhalt ist es, unser Inhalt im Jetzt,
womit sich unsere Leere füllt –
wenn wir nur entgegenzunehmen verstehen.

Anderer Weg
hat Rastplätze
in der Sonne
sich zu begegnen.
Aber dieser Weg
ist der deine,
und es gilt jetzt,
jetzt darfst du nicht versagen.
Weine,
wenn du kannst,
weine,
doch klage nicht.
Dich wählt der Weg –
Und du sollst danken.

Was dem Leben Wert gibt, kannst du erreichen –
und verlieren. Doch nie besitzen.

Jeder Augenblick ist ewig,
wenn du ihn zu nehmen weißt –
ist ein Vers, der unaufhörlich
Leben, Welt und Dasein preist.

Alles wendet sich und endet
und verliert sich in der Zeit.
Nur der Augenblick ist immer.
Gib dich hin und sei bereit!

Wenn du stirbst, stirbt nur dein Werden.
Gönn´ ihm keinen Blick zurück.
In der Zeit muss alles sterben –
aber nichts im Augenblick.

Vernunft, Anstand, Mut

1 Sep 2017

Die erste Forderung an den Menschen macht immer und ewig die Natur, welche niemals darf abgewiesen werden; denn der Mensch ist – ehe er etwas anderes ist – ein empfindendes Wesen. Die zweite Forderung an ihn macht die Vernunft, denn er ist ein vernünftiges empfindendes Wesen, eine moralische Person, und für diese ist es Pflicht, die Natur nicht über sich selbst herrschen zu lassen, sondern sie zu beherrschen. Erst alsdann, wenn erstlich der Natur ihr Recht ist angetan worden, und wenn zweitens die Vernunft das ihrige behauptet hat, ist es dem Anstand erlaubt, die dritte Forderung an den Menschen zu machen und ihm, im Ausdruck sowohl seiner Empfindungen als seiner Gesinnung, Rücksicht gegen die Gesellschaft aufzuerlegen und sich – als ein zivilisiertes Wesen zu zeigen.

Wir sagen von einem Menschen, er handle gemein, wenn er bloß den Eingebungen seines sinnlichen Triebes folgt; er handle anständig, wenn er seinem Trieb nur mit Rücksicht auf Gesetzte folgt; er handle edel, wenn er bloß der Vernunft, ohne Rücksicht auf seine Triebe, folgt.

Erkühne dich, weise zu sein. Energie des Muts gehört dazu, die Hindernisse zu bekämpfen, welche sowohl die Trägheit der Natur als die Feigheit des Herzens der Belehrung entgegensetzen.

Hallo, Leben.

1 Aug 2017

Wenn wir uns über das Wetter ärgern, kann das Wetter nichts dafür. Wenn wir uns über den beim Hämmern krumm gehauenen Nagel ärgern, kann der Nagel nichts dafür. So was kommt vor. Hallo, Leben. Wer mit dem Leben hadert, macht sich etwas vor, nämlich dass nichts schiefgehen darf und er die Dinge da draußen unter Kontrolle hat. Aber die Dinge da draußen laufen einfach nicht immer so, wie wir wollen. Weil wir auf dies und das einen gewissen Einfluss haben, bilden wir uns ein, wir hätten die Dinge in der Hand. Das nennt man Anhaftung.

Vieles würde sich für uns im Leben leichter gestalten, vieles käme auf seinen richtigen Platz, wenn wir uns öfter die ganze Flüchtigkeit unseres Lebens eindring-lich vorstellen, die volle Möglichkeit, dass der Tod jederzeit, schon heute, eintreten könne. Dann würden wir uns selbst vielen Kummer und viele Nichtigkeiten, die uns in Anspruch nehmen, ersparen, hätten mehr Raum für die wichtigsten Dinge, und es würde uns drüben leichter und heller sein.

Wo immer ein Mensch ist, bietet sich eine Gelegenheit, freundlich zu sein.
Höflichkeit ist befreiend. Sie befreit uns von der Sklaverei der Beschäftigung mit uns selbst (bzw. der mit dem smartphone), unseren Launen und Stimmungen.

Wenn uns ein Mensch unangenehm begegnet, dann wird der Kenner des Karmagesetzes sich sagen: »Diese unangenehme Begegnung ist die Folge meines Tuns, auch dann, wenn dieser Mensch mir in diesem Leben zum ersten Mal begegnet. Jetzt aber, bei dieser Begegnung, habe ich die Möglichkeit, mit meinem jetzigen Verhalten diese unliebsame einst geschaffenen Situation zu entspannen und aufzuhellen.« So lasse ich mein Handeln nicht von dem an mich Herangetretenen bestimmen (»wie du mir so ich dir«), sondern ich richte mein Handeln auf die zukünftige Begegnungen hin, denn ich weiß, dass mein jeweiliges Handeln die Saat ist und alles, was an mich herantritt, immer die Ernte ist. Das muss ich mir immer wieder vor Augen halten. Denn jede Situation lässt eine umgekehrte Reihenfolge erscheinen, als sie wirklich ist. Zwar tritt zuerst etwas an uns heran, und dann handeln wir daraufhin, aber das an uns Herantretende ist ja bereits die Rückkehr unserer früheren Tat, ist also Ernte, und alles, was von uns ausgeht, ist Saat, ist also das Erste.